Abmahnung erhalten?

Aufatmen im Dekoland! Bösgläubige Markenanmeldung humoristischer Ausdrücke der Alltagssprache

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Das Bundespatentgericht entschied mit Beschluss vom 29.04.2014, Az.: 27 W (pat) 8/14 , dass humoristische Sinnsprüche und Ausdrücke auf Deko- und Geschenkartikeln wie etwa „Leckerbissen“ oder „Glückspilz“ keine Marken im Sinne des Markenrechts sind, sondern nur der Dekoration von Waren dienen. Die Anmeldung solcher Begriffe als Marke, zu dem Zweck, diese als dekorative Elemente für sich zu monopolisieren, sei im Hinblick auf den von der Marke ausgehenden Einschüchterungseffekt bösgläubig, so das Gericht.

Was war geschehen?

Beliebter Trend bei Deko- und Geschenkartikeln ist, diese mit humorvollen Ausdrücken der Alltagssprache zu versehen. So zieren Papas Puschen die Aufschrift „Göttergatte“, auf der Kochschürze prangt die Aufschrift „Küchenfee“ und der Familienvierbeiner wird aus dem Napf mit der Aufschrift „treuer Freund“ gefüttert. Nachdem die Betreiberin eines Internetshops über zehn Jahre entsprechende Begriffe zur Verzierung ihrer Waren verwendet hatte, wurde sie durch Abmahnungen von Drittmarkeninhabern daran gehindert. Daraufhin ließ sie selbst insgesamt 70 Begriffe in diesem Stil als Wortmarken beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen und verwandte diese in dekorativer Form auf ihren Produkten.

Der Markenstreit entbrannte an einer Fußmatte mit der dekorativen Aufschrift „Glückspilz“ gegen den die Markeninhaberin aus ihrer gleichlautenden Wortmarke gegen einen Wettbewerber vorgegangen war, der den Begriff „Glückspilz“ zur dekorativen Verzierung seiner Fußmatten verwandte. Dieser beantragte wiederum die Löschung der Marke „Glückspilz“ wegen Bösgläubigkeit. Er vertrat dabei die Auffassung, die Markeninhaberin versuche mit ihrer Markenstrategie allgemeingebräuchliche Begriffe der Alltagskultur für sich zu monopolisieren, obwohl sie diese nur als dekorativer Gestaltungselemente auf ihren Waren verwende. Die Markeninhaberin beabsichtige, Verwender dieser Begriffe gewinnbringend abzumahnen.

Die Entscheidung der Markenabteilung

Die Markenabteilung gab dem Antrag statt und führte in ihrer Begründung aus, dass Bösgläubigkeit dann vorliege, wenn erkennbar sei, dass die Markenanmeldung in erster Linie der zweckfremden Einsetzung ihrer Monopolwirkung diene, wobei eine Gesamtabwägung aller Umstände erforderlich sei. Im vorliegenden Fall war die Markenabteilung der Auffassung, dass die Vielzahl vergleichbarer Anmeldungen für dieselben Warengruppen dafür spreche, dass Mitbewerber aus dem Markt mit Dekoartikeln, die mit Ausdrücken aus der Alltagskultur versehen sind, verdrängt werden sollten. Eine markenmäßige Benutzungsabsicht scheide aus, da die Begriffe nur dekorativ und nicht markenmäßig als Herkunftshinweis verwendet werden. Darüber hinaus habe sich die Behinderungsabsicht der Markeninhaberin in den aus der Marke „Glückspilz“ ausgesprochenen Abmahnungen gegen gleichlautende dekorative Verwendungen manifestiert. Ein Vorgehen gegen solche nicht markenmäßigen Verwendungsformen sei missbräuchlich, entschied die Markenabteilung.

Die Markeninhaberin gab weiter das „Unschuldslamm“ und legte Beschwerden gegen den Beschluss beim Bundespatentgericht ein. Sie gab an, nicht bösgläubig zu  handeln und sich nur ein eigenes Benutzungsrecht sichern zu wollen. Immerhin habe sie ja auch erst zwei Leute abgemahnt und diese haben die Begriffe zusätzlich zum Dekor auch in der Angebotszeile im Internet wiederholt. In den entsprechenden Verletzungsverfahren seien die angerufenen Gerichte zumindest indirekt von einer markenmäßigen Benutzung des Begriffes „Glückspilz“ ausgegangen, da die Markeninhaberin das Zeichen nicht nur auf Fußmatten verwendet habe.

Die Entscheidung in der Beschwerdeinstanz

Das Bundespatengericht folgte der Auffassung der Markenstelle und ordnete die Löschung der Marke wegen Bösgläubigkeit an.

Die Entscheidungsfindung

Gerichte tun sich in der Regel schwer die Löschung einer eingetragenen Marke wegen Bösgläubigkeit anzuordnen. Die Feststellung einer bösgläubigen Markenanmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist grundsätzlich nicht leicht festzustellen. Wie Das Bundespatentgericht in dem hier vorliegenden Fall bereits bemerkte, ist der Begriff der Bösgläubigkeit ein eigenständiger Begriff des Kennzeichenrechts und unterliegt der Auslegung. Weder ist eine exakte Definition möglich noch gibt es eine schematische Prüfungsreihenfolge.

Aus eigener Erfahrung, aber offenbar auch nach der Auffassung des Bundespatentgerichts nehmen Verletzungsgerichte häufig unreflektiert die markenmäßige Benutzung eines Zeichens hin. Ob es sich in dem konkreten Einzelfall tatsächlich um eine markenmäßige oder nur rein dekorative Verwendung eines Zeichens handelt wird nicht eingehend geprüft. Nach den Grundsätzen der geltenden Rechtsprechung wird ein Zeichen markenmäßig benutzt, wenn es in herkunftshinweisender Form zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens verwendet wird. Eine rein dekorative Verwendung ist keine Verwendung im markenrechtlichen Sinne. Hier stellt sich die Frage, ob es den Gerichten an der Zeit fehlt, die Sach- und Rechtslage in Bezug auf die markenmäßige oder rein dekorative Verwendung eingehend zu prüfen oder ob es an hinreichenden Prüfungsmaßstäben für eine einheitliche Rechtsprechung fehlt.

Bei der Feststellung der bösgläubigen Markeanmeldung stellte das  Gericht im vorliegenden Fall auf die Frage ab, ob die Anmeldung der Marke „Glückspilz“ von vornherein nicht für eine Verwendung im lauteren Wettbewerb bestimmt war. Ob dies der Fall war oder nicht, prüfte das Gericht anhand des Gesamtverhaltens des Markeninhabers. Damit waren folgende Punkte markenrechtlicher Grundsätze mit dem Verhalten des Markenanmelders im Zeitpunkt der Markenanmeldung gegeneinander abzuwägen:

1. Bösgläubigkeit scheidet aus, wenn das Verhalten des Markenanmelders vorrangig dazu dient, eigene Geschäfte zu fördern.

  • Das Markenrecht bietet dem Markeninhaber ein Monopol auf ein Zeichen, das gegenüber dem Wettbewerb eine legitime Sperrwirkung entfaltet.
  • Jede Markttätigkeit ist darauf ausgerichtet, Konkurrenten zu stören, ihnen Marktanteile zu verwehren oder abzunehmen.

2. Für Bösgläubigkeit spricht ein Verhalten außerhalb der vorgenannten markenrechtlich geschützten Interessen.

  • Die Grenze der Behinderung ist überschritten, wenn das Verhalten des Markenanmelders bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Entfaltung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist.
  • Es reicht aus, wenn der zweckfremde Einsatz der Marke wesentliches Motiv bei der Anmeldung war.

Letztendlich führte die Würdigung der Gesamtumstände dazu, dass das Gericht im vorliegenden Fall eine bösgläubige Markenanmeldung bejahte. Zu dem Gesamtumständen wurden die Vielzahl (70) gleichartiger Markenanmeldungen gezählt, sowie der Umstand, dass die Markeninhaberin entsprechende Ausdrücke der Alltagssprache zur Verzierung ihrer Waren über zehn Jahre hinweg benutzte, bevor sie durch Abmahnungen von Drittmarken daran gehindert wurde und erst dann selbst entsprechende Marken anmeldete. Darüber hinaus argumentierte das Gericht, habe die Markeninhaberin den Einschüchterungseffekt aus den vorangegangenen Abmahnvorgängen, die zugunsten der Markeninhaberin ausgegangen waren, ausgenutzt, was kein vom Markenrecht gebilligter Zweck darstelle.

Die Erkenntnis

Im Hinblick auf die Beurteilungsmaßstäbe für eine bösgläubige Markenanmeldung in der Praxis liefert die vorliegende Entscheidung des Bundespatentgerichts keine neuen Anhaltspunkte. Es bleibt bei einer Einzelfallbeurteilung die in der Beratung schwer einzuschätzen ist. Wie so oft liegt das eigentlich Interessante an dieser Entscheidung zwischen den Zeilen. Das Bundespatentgericht hat – insbesondere aufgrund der vorhergehenden Verletzungsverfahren – eine Diskrepanz in der Beurteilung der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung zur Abwehr unberechtigter Angriffe sowie der Beurteilung der markenmäßigen und rein dekorativen Benutzung zwischen den Verletzungsgerichten und dem Bundespatentgericht festgestellt. Die Formulierung „Dass sich die Beschwerdeführerin ungerechtfertigten Angriffen ausgesetzt sah, berechtigt sie nicht, nun ihrerseits über das Markenrecht weitere Marktteilnehmer zu behindern“ legt den Schluss nahe, dass das Bundespatentgericht die Auffassung vertritt, dass bereits vorhergehende Markenanmeldungen humorvoller Ausdrücke der Alltagssprache, die dann letztendlich ausschließlich zur Verzierung von Lifestylewaren verwandt wurden, insgesamt nur zu dem (unlauteren) Zweck des Verdrängungswettbewerbs erfolgten. Daraus folgt, dass die auf diesen Markeneintragungen beruhenden Abmahnungen bereits rechtsmissbräuchlich waren. Dies impliziert einen Vorwurf an die Zivilgerichte in Bezug auf eine allzu unreflektierte Annahme der markenmäßigen Benutzung, ohne die (unlauteren) Motive der Markeninhaber zu hinterfragen.

Diese Diskrepanzen in der Rechtsprechung der Verletzungsgerichte gegenüber dem Bundespatentgericht bedürfen einer höchstrichterlichen Klärung, so dass die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen wurde. Die Beschwerdeführerin hat den Ball aufgenommen und Rechtsbeschwerde zum BGH eingereicht. Die Rechtsbeschwerde wird unter dem Aktenzeichen I ZB 69/14 beim BGH geführt. Es bleibt zu hoffen, dass der BGH seinerseits die vom Bundespatentgericht geforderte Klärung auch herbeiführt und einheitliche Beurteilungsmaßstäbe schafft und sich nicht auf die Einzelfallbeurteilung zurückzieht. Im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechung, der Rechtsicherheit und für die Beratungspraxis wäre die Schaffung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe zu begrüßen. Der Ball liegt im Feld des BGH.

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