Abmahnung erhalten?

Kostenerstattung einer anwaltlichen Abmahnung nach eigenem Tätigwerden des Abmahnenden

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Bevor bei einem Rechtsstreit ein Anwalt kontaktiert wird, versuchen viele Menschen die Angelegenheit selbst zu klären. Doch ist es immer sinnvoll bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen zunächst selbst Kontakt zur Gegenseite aufzunehmen und sogar eine Abmahnung auszusprechen oder kann ein solches Handeln in Eigenregie negative Folgen für eine später doch erfolgende anwaltliche Beauftragung haben?

Nicht immer erzielt eine selbst ausgesprochen Beseitigungsaufforderung oder eine dezidierte Abmahnung an die Gegenseite die gewünschten Erfolge. Möglicherweise bekommt der Verletzte keine oder nur eine unzureichende Reaktion, es geht ihm nicht schnell genug oder er entscheidet sich aus anderen Gründen dafür, die Hilfe eines Anwalts in Anspruch zu nehmen. Die Frage ist jedoch, ob die Kosten für eine zweite Abmahnung, dieses Mal von einem Anwalt ausgesprochen, erstattungsfähig sind. Gem. § 12 Abs. I S. 2 UWG ist dies nur der Fall, wenn die zweite Abmahnung erforderlich war.

Über die Frage, wann eine anwaltliche Abmahnung nach eigenem Tätigwerden erforderlich ist und über die damit verbundene Kostenerstattung hat kürzlich das OLG Frankfurt (Urteil vomm 09.04.2019, Az 6 U 13/19) entschieden.
In der Entscheidung ging es um einen Wettbewerbsverband, der eine Abmahnung in Eigenregie ausgesprochen hatte und nach der Bitte des Abgemahnte, das Abmahnschreiben näher zu erläutern, einen Anwalt mit einem weiteren Erläuterungsschreiben beauftragt hatte.
Das OLG Frankfurt entschied, dass ein Wettbewerbsverband personell und sachlich so ausgestattet sein müsse, dass durchschnittliche Abmahnungen ohne Hilfe eines Rechtsanwalts bearbeitet werden können. Weiterhin entschied das OLG unter Bezugnahme auf die „Kräutertee“-Entscheidung des BGH (Urteil vom 21.01.2010, Az.: I ZR 47/09), dass die Kosten für eine weitere anwaltliche Abmahnung grundsätzlich nicht erstattungsfähig seien, wenn in der vom Unterlassungsgläubiger selbstausgesprochenen Erstabmahnung dem Gläubiger ein Weg gewiesen worden ist, die Rechtsstreitigkeit ohne gerichtliches Verfahren zu klären.
In der „Kräutertee“-Entscheidung legte der BGH außerdem fest, dass die Kosten für eine zweite anwaltliche Abmahnung auch dann nicht erstattungsfähig sein, wenn die selbstausgesprochene Abmahnung eines Wettbewerbsverbands schlichtweg ohne Reaktion blieb.

Fazit: Ein vorschnelles Vorpreschen in Eigenregie kann für den Abmahnenden teuer werden.
Auch ein einfaches Anschreiben an die Gegenseite, z.B. verbunden mit der Aufforderung zur Zahlung einer Lizenzgebühr oder eines Schadensersatzes, kann signalisieren, dass mit einer Zahlung die Beilegung des Streits erfolgen kann. Entscheidet sich ein Unterlassungsgläubiger dann, wenn der Abgemahnte nicht wunschgemäß reagiert, doch für die Beauftragung eines Anwalts, besteht die Gefahr, dass die von dem Anwalt verursachten Kosten nicht mehr als erforderlich angesehen werden. Und nur hinsichtlich der erforderlichen Kosten besteht die Erstattungspflicht des Abgemahnten.
Um einem solchen Problem aus dem Weg zu gehen, empfiehlt es sich, zunächst anwaltlichen Rat einzuholen, bevor der Gegenseite eine eigene Abmahnung oder das Angebot einer außergerichtlichen Einigung entgegengebracht wird.

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