Unterlassungsanspruch gegen Online-Marktplätze
Immer wieder ist es zu beobachten, dass insbesondere die marktbeherrschenden großen Online-Marktplätze wie Amazon oder eBay trotz Kenntnis von zum Teil erheblichen wettbewerbsrechtlichen Verstößen ihrer Händler nicht bereit sind, diese Verstöße abzustellen, oftmals auf entsprechende Aufforderungen hin nicht einmal reagieren.
Grundsätzlich gilt in diesem Zusammenhang, dass Betreiber von Online-Marktplätzen in aller Regel zunächst nicht für Rechtsverstöße, die Händler, die die jeweilige Plattform nutzen, im Rahmen ihrer Angebote begehen. Eine direkte Haftung eines Online-Marktplatzes entsteht jedoch dann, wenn der jeweilige Marktplatzbetreiber über eine konkrete Rechtsverletzung eines Händlers informiert wird. Dann ist der Marktplatzbetreiber verpflichtet, das zugrundeliegende Angebot im Rahmen des sog. „notice and take down“-Prinzips unverzüglich zu sperren, jedenfalls aber, den konkreten Wettbewerbsverstoß abzustellen, sofern dies faktisch möglich ist, was nur in absoluten Ausnahmefällen nicht der Fall sein dürfte. Aber selbst wenn der Betreiber des Online-Marktplatzes dieser Pflicht nachkommt, stellt sich in der Praxis oftmals das Problem, dass der jeweilige Händler das Angebot einfach erneut mit dem rechtswidrigen Inhalt einstellt und das „Spiel“ von vorne losgeht.
Es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob Marktplatzbetreiber dazu verpflichtet werden können, Angebote von Anbietern, die in der Vergangenheit mehr als einmal rechtswidrige Angebote eingestellt haben, präventiv gesperrt werden können.
Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.06.2021, Az.: 6 U 244/19) hat sich in zweiter Instanz damit auseinandergesetzt und festgestellt, dass ein Betreiber eines Online-Marktplatzes Vorsorge treffen muss, dass es möglichst nicht zu weiteren Verstößen durch bereits zuvor beanstandete Händler-Accounts kommt. Ihn trifft – jedenfalls bei der Verletzung von Produktsicherheitsvorschriften, wie z.B. fehlenden CE-Kennzeichnungen – die im Wege eines Unterlassungsanspruchs durchsetzbare Verpflichtung, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.
Bezüglich der Durchsetzung von in die Zukunft gerichteten Unterlassungsansprüchen stellte sich für Wettbewerber im Bereich einer direkten Auseinandersetzung mit dem verletzenden Händler stets das Problem, dass es nicht möglich ist, diesem per se zukünftige Angebote zu untersagen, da dem Händler in dieser direkten Konstellation nur untersagt werden kann, den konkreten Verstoß zu wiederholen, nicht jedoch, dass er rein faktisch erst gar keine Angebote mehr einstellen darf.
Das OLG Frankfurt verurteilte den Onlinemarktplatz dazu, zukünftig keine Angebote des Händlers mehr in der EU freizuschalten, bei denen die – im zu entscheidenden Fall gegenständlichen – erforderlichen Kennzeichnungen und Erklärungen fehlen. Dem Online-Marktplatz obliegt somit eine präventive Prüfpflicht, welche nur in einer solchen Konstellation greift.
Auf diese Weise ist ein präventives Vorgehen gegen drohende Verletzungshandlungen möglich, während man in der direkten Auseinandersetzung mit dem Wettbewerber erst dann Ansprüche gelten machen kann, wenn die Verletzungshandlung tatsächlich bereits (ggf. wiederholt) erfolgt ist.
Relevant könnte diese Möglichkeit der Rechtsausübung in den Fällen sein, in denen sich insbesondere Anbieter aus Fernost nicht an die wettbewerbsrechtlichen europäischen „Spielregeln“ halten. Die rechtskräftige Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt, dass man mit etwas Geduld die rechtliche Möglichkeit erhält, auch bewusst rechtswidrig agierende Wettbewerber in die Schranken zu weisen.