Abmahnung erhalten?

Influencer Marketing – Ab wann ist es Werbung?

In der jüngeren Vergangenheit haben sich Gerichte immer wieder mit der Frage befassen müssen, ob Influencer ihre Posts auf Instagram und Co als Werbung kennzeichnen müssen. Dabei geht es insbesondere um Posts, in denen sogenannte „Tap Tags“ verwendet werden. Tap Tags sind Verlinkungen zu den Profilen von Unternehmen, die mit einem Tippen auf das Bild sichtbar werden und den Anklickenden zum Profil des Herstellers oder eines anderen Unternehmens weiterleiten.
Ob es sich dabei, um Werbung handelt, auch wenn der Influencer für den Post kein Entgelt erhält, ist von Gerichten unterschiedlich bewertet worden.

Können Influencer überhaupt noch private Posts veröffentlichen?

Schon in dieser Frage sind sich die Gericht uneinig. So hat das OLG München im Fall Cathy Hummels (Urteil v. 25.06.2020 – Az. 29 U 2333/19) noch angenommen, dass die Markierung eines Unternehmens in einem nicht bezahltem Post schon keine geschäftliche Handlung sei und damit auch nicht als Werbung gekennzeichnet werden müsse. Zwar habe Hummels mit den streitgegenständlichen Posts ihre Reichweite und ihre Attraktivität für künftige Partnerschaften erhöhen wollen, doch reiche diese Hoffnung noch nicht aus, um eine geschäftliche Handlung anzunehmen.
Dieser Auffassung stehen unter anderem Entscheidungen des OLG Hamburg (Urteil v. 02.07.2020 – Az. 15 U 142/19), des OLG Karlsruhe (Urteil v. 09.09.2020 – Az. 6 U 38 /19) und des OLG Köln (Urteil v. 19.02.2021 – Az. I-6 U 103/20) entgegen. Sie sind sich darüber einig, dass die Förderung des eigenen und fremder Unternehmen einen wirtschaftlichen Zusammenhang aufweise, der insgesamt nicht als unentgeltlich zu bezeichnen sei. Das OLG Hamburg führt dazu weiter aus, dass die Posts keinen nennenswerten redaktionellen oder inhaltlichen Wert hätten und auch nicht anzunehmen sei, dass die Verlinkungen nur dem Informationsinteresse der Follower dienen würden. Das OLG Köln ergänzt hierzu, dass dafür statt einer Verlinkung zu den Profilen der Unternehmen ihre bloße Nennung ausreichen würde.
Nach diesen Entscheidungen handelt es sich bei Posts, die Verlinkungen zu anderen Unternehmen enthalten, stets um eine geschäftliche Handlung, die nach den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) als Werbung zu kennzeichnen sind.

Ist dann nicht einfach alles Werbung?

Dieser Annahme folgend haben das OLG München und das OLG Hamburg in den bereits erwähnten Urteilen angenommen, dass der werbende Charakter des Profils eines Influencers so offensichtlich sei, dass eine Kennzeichnungspflicht nach dem UWG entfalle. Sie argumentieren, dass dem durchschnittlichen Konsumenten der geposteten Inhalte auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel klar sei, dass Influencer mit ihren Posts einen kommerziellen Zweck verfolgen. Es sei hinlänglich bekannt, wie Influencer Geld verdienen und das ihr „Marktwert“ maßgeblich von ihrer Reichweite bestimmt wird. Schon die Zahl der Follower und Reaktionen auf ein Post mache jedem klar, dass es sich nicht um tatsächliche Freunde und Bekannte des Influencers handeln könne.
Anders sehen es das OLG Karlsruhe und das OLG Köln. Für sie entspricht die Vermischung von privaten und geschäftlichen Handlungen der Natur des Influencer Marketing. Es sei deshalb gerade nicht anzunehmen, dass der regelmäßig minderjährige Adressatenkreis den werbenden Charakter auf den ersten Blick und ohne Zweifel erkennen könne. Durch die vermeintliche Nähe zum Influencer entstehe eine Gefährdungslage, der mit einer Pflicht zur Transparenz begegnet werden müsse.

Welchen Einfluss hat die fehlende Kennzeichnung auf Verbraucher?

Für die Frage, ob ein Post als Werbung zu kennzeichnen ist, kommt es zuletzt darauf an, ob das Fehlen der Kennzeichnung dazu geeignet ist, Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.
Wenig überraschend, gehen die Ansichten der Gerichte auch hier auseinander. Das OLG Hamburg ist der Auffassung, dass im Anklicken eines Tap Tags noch keine geschäftliche Entscheidung zu sehen sei. Verbraucher würden die Profile von Influencern für Kaufempfehlungen besuchen und das Anklicken der Verlinkung sei eine bewusst gewählte Vorbereitungshandlung. Letztendlich entscheide aber immer noch das Produkt über die tatsächliche geschäftliche Entscheidung.
Das OLG Karlsruhe und das OLG Köln nehmen dagegen an, dass schon das Anklicken des Tap Tags eine geschäftliche Entscheidung sei. Gerade Minderjährigen falle es schwer, den werblichen Charakter eines Posts zu erkennen und ihn bei ihrer Kaufentscheidung einzuordnen. Der Klick auf eine Verlinkung sei deshalb mit dem Betreten eines Geschäfts zu vergleichen.

Unklare Rechtslage

Es herrscht also immer noch große Unsicherheit darüber, wann der Post eines Influencers als Werbung zu kennzeichnen ist. Das ist nicht nur für die Influencer selbst unbefriedigend, sondern auch für Unternehmen, die diese Form des Marketings nutzen möchten.
Da auch der Gesetzgeber die bestehende Unsicherheit erkannt hat, soll ein Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht für Klarheit sorgen.
Der Regierungsentwurf vom 20.01.2021 sieht eine Änderung des UWG vor, die zur Folge hätte, dass eine Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nur dann als Werbung zu kennzeichnen wäre, wenn der Influencer ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erhält. Diese Abgrenzung betreffe aber gerade nicht die Frage, ob der Influencer mit einem solchen Post sein eigenes Unternehmen fördert. Ob diese Änderung die gewünschte Klarheit bringt, bleibt also abzuwarten.
Möglicherweise kommt auch der BGH dem Gesetzgeber zuvor. Einige der erwähnten Entscheidungen sind dort anhängig und der BGH hat für Juli einen ersten Verhandlungstermin anberaumt.

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