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Preisanpassungsklauseln in AGB

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Preisanpassungsklauseln stellen für Unternehmer bei Abschluss etwa von Lieferverträgen ein hilfreiches Instrument dar, um auch bei langen Laufzeiten Gewinnmargen sicherzustellen und Kostensteigerungen abzufedern. Sie gewähren dem Verwender das Recht, im Laufe der Vertragslaufzeit – unter bestimmten Voraussetzungen – die ursprünglich vereinbarten Preise anzupassen. Da sie zugleich aber auch eine erhebliche Belastung der anderen Vertragspartei darstellen können, ist die Wirksamkeit solcher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen an strenge Voraussetzungen geknüpft.

Bei der Verwendung von Preisanpassungsklauseln/Preisänderungsklauseln gegenüber Verbrauchern gilt das absolute Klauselverbot nach § 309 Nr. 1 BGB. Dieses betrifft indes lediglich Verträge über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Leistungen innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss und gilt zudem nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen zu liefern oder erbringen sind.

Für alle weiteren Fälle sowie auch für die Verwendung von Preisanpassungsklauseln in AGB gegenüber Unternehmern gilt als maßgebende Voraussetzung das Verbot der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 I BGB.

Die Grenzen für Preisanpassungsklauseln nach § 307 I BGB

Die Rechtsprechung erachtet Preisänderungsklauseln unter dem Gesichtspunkt des § 307 I BGB nicht generell als unwirksam. Der BGH führt insoweit durchaus einleuchtend aus: „Sie stellen vielmehr ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Verträgen dar. Denn sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht“ (BGH, Urteil vom 24. März 2010 – VIII ZR 304/08).

Nicht ermöglicht werden soll durch eine Preisanpassungsklausel indes, „über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen“, vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 – III ZR 63/07. Preisänderungsklauseln sind daher nur soweit zulässig, als sie tatsächlich lediglich die Weitergabe von Kostensteigerungen an den Vertragspartner ermöglichen.

Nicht zulässig sind aus diesem Grund Preisanpassungsklauseln, welche dem Verwender pauschal ein Recht gewähren, Preise ohne Begrenzung sowie ohne Anknüpfung an eine Kostensteigerung anzuheben. In seinem sog. „Pay-TV Urteil“ formuliert der BGH die entsprechenden Voraussetzungen folgendermaßen: „Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden, so dass der andere Vertragsteil bei Vertragsschluss die auf ihn zukommenden Preissteigerungen einschätzen kann“ (BGH, Urteil vom 15. November 2007 – III ZR 247/06).

Für die Wirksamkeit einer Preisanpassungsklauseln ist nach Rechtsprechung des BGH also grundsätzlich erforderlich, dass
1. die Preiserhöhung von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird,
2. die einzelne Kostenelemente offengelegt werden,
3. die Gewichtung der Kostenelemente offengelegt wird.
Für den Unternehmer stellen diese Voraussetzungen durchaus nicht unerhebliche Hürden dar, bedeuten sie doch vor allem: dem Kunden muss durch die Offenlegung der eigenen Kostenelemente und ihrer Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises weitreichende Transparenz gewährt werden – insbesondere werden aus Letzterem auch Rückschlüsse auf die Gewinnmarge zu ziehen sein. Ob die Vereinbarung einer wirksamen Preisanpassungsklausel eine so weitgehende Transparenz aus unternehmerischer Sicht wiederum wert ist, wird wohl jeweils genau abgewogen werden müssen.

Eine gewisse Lockerung der Anforderungen hat der BGH im obengenannten Pay-TV Urteil indes für eingeschränkte Fallgruppen für möglich erachtet: „Wenn eine Konkretisierung der Anpassungsmaßstäbe wegen der Besonderheit der Vertragsbeziehung auf unüberwindbare Schwierigkeiten stößt, kann im Einzelfall ein angemessener Interessenausgleich dadurch erreicht werden, dass dem Vertragspartner ab einem bestimmten Umfang der Preissteigerung ein Kündigungsrecht eingeräumt wird“.

Aktueller Fall: Netflix

Ein aktueller – wenngleich nicht unter Unternehmern, sondern im B2C-Bereich angesiedelter – Fall ist die Preisanpassungsklausel vom Streaminganbieter Netflix.

Die ursprüngliche Klausel von Netflix lautete wie folgt:
„Unser Abo-Angebot und die Preise für den Netflix-Dienst können sich gelegentlich ändern. Sie werden jedoch mindestens 30 Tage vor deren Inkrafttreten über jegliche Änderungen an Preisen und unserem Abo-Angebot informiert.“

Sie wurde vom KG Berlin (Urteil vom 20. Dezember 2019 – 5 U 24/19) mit Blick auf die obengenannten Maßstäben wegen unangemessener Benachteiligung als unwirksam nach § 307 I 1 BGB erachtet; zudem stellte das KG auch fest, dass die Unangemessenheit in diesem Falle nicht dadurch beseitigt werde, dass dem Vertragspartner ein jederzeitiges Kündigungsrecht zusteht, da es bereits an der Angabe der relevanten Kostenelemente in der Klausel fehle und nicht dargelegt worden sei, „dass die Kostenelemente und die Maßstäbe, nach denen Änderungen ihrer Kosten zu einer Erhöhung der Preise führen sollen, noch nicht einmal in Grundzügen dargelegt werden können. Allein deshalb, weil für die Preisgestaltung zahlreiche Faktoren maßgebend sein können, ist es nicht unmöglich, einen Preisänderungsvorbehalt für den Kunden verständlich zu formulieren.“

Hieraufhin passte Netflix seine Preisänderungsklausel an und verwendet nunmehr folgende Kostenelementeklausel:

„Wir sind berechtigt, den Preis unserer Abo-Angebote von Zeit zu Zeit in unserem billigen Ermessen zu ändern, um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln. Beispiele für Kostenelemente, die den Preis unserer Abo-Angebote beeinflussen, sind Produktions- und Lizenzkosten, Kosten für die technische Bereitstellung und die Verbreitung unseres Dienstes, Kundendienst und andere Kosten des Verkaufs (z. B. Rechnungsstellung und Bezahlung, Marketing), allgemeine Verwaltungs- und andere Gemeinkosten (z. B. Miete, Zinsen und andere Finanzierungskosten, Kosten für Personal, Dienstleister und Dienstleistungen, IT-Systeme, Energie) sowie staatlich auferlegte Gebühren, Beiträge, Steuern und Abgaben. Alle Preisänderungen gelten frühestens 30 Tage nach Bekanntgabe an Sie. Sie können Ihre Mitgliedschaft jederzeit während der Kündigungsfrist kündigen, um zukünftige Belastungen zu vermeiden.“

Diese neu ausgestaltete Klausel enthält in Annäherung an die vom BGH formulierten Anforderungen eine zumindest beispielhafte Auflistung der Kostenelemente. Mangels einer Offenlegung der Gewichtung der Kostenelemente lässt sie darauf schließen, dass Netflix hiermit von der im Pay-TV Urteil formulierten Ausnahme von der Pflicht zur Konkretisierung der Preisanpassungsmaßstäbe (unüberwindbaren Schwierigkeiten bei der Konkretisierung der Anpassungsmaßstäbe sowie Einräumung eines Kündigungsrechtes) Gebrauch zu machen gedenkt. Kritisch zu hinterfragen könnte an dieser Stelle lediglich noch sein, ob diese Ausnahme auch gilt, wenn die Kostenelemente benannt werden können, aber ihre Gewichtung – wie hier – entweder nicht genannt soll oder nicht pauschalisiert genannt werden kann.

 

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