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Kuriositäten und Exoten: ungewöhnliche Markenformen und ihre rechtliche Bewertung

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Wer an Marken denkt, denkt an zuvorderst an die Klassiker: Wortmarken, Bildmarken, Wort-Bildmarken. Sie sind die üblichsten Markenformen und im unternehmerischen Verkehr angesichts ihrer einfachen und praktikablen Verwendbarkeit mit Abstand auch die relevantesten.

Gleichwohl sind auch abseits dieser Markenformen bestimmte sensorisch wahrnehmbare Zeichen existent, die von erheblicher Relevanz für die erfolgreiche – untechnisch gesprochen – „Markenbildung“ eines Unternehmens sein können. Was wäre etwa der New Yorker Juwelier Tiffany & Co. ohne sein „Tiffany Blue“ oder die Deutsche Telekom ohne ihr Magenta? Man denke etwa auch an die Jingles der Telekom oder etwa der Fast-Food-Kette McDonalds, die in den Köpfen des Publikums sicherlich nicht weniger als eindeutiges „Markenzeichen“ dieser Unternehmen assoziiert werden als ihre Logos. Diese Beispiele verdeutlichen: Sicherlich kommen Zeichen außerhalb der klassischen Wort-/Bild- und Wort-Bild-Marken nicht ohne weiteres in ihrer Vielseitigkeit und breiten Anwendbarkeit an die üblichen „Klassiker“ heran, die auf Produkte und Verpackungen angebracht und in Werbematerialien, gleich ob digital oder analog, abgebildet werden können – trotz dessen sollten sie in ihrer wirtschaftlichen und unternehmerischen Bedeutung nicht vernachlässigt werden.

Können auch solche Zeichen – also etwa für Farben, Formen, Töne/Tonfolgen, Gerüche etc. – markenrechtlich geschützt werden? Welche Hürden faktischer und rechtlicher Art stehen dem unter Umständen entgegen? Dieser Artikel soll auf diese Exoten unter den Markenformen eingehen und unter Einbeziehung von Fallbeispielen untersuchen, inwieweit sie nach deutschen bzw. europäischen Markenrecht schutzfähig sind.

Welche Markenformen sind grundsätzlich denkbar?

Im deutschen Markenrecht gibt § 3 I MarkenG als Grundsatznorm vor, welche Arten von Zeichen grundsätzlich einem markenrechtlichen Schutz unterliegen können. Nach § 3 I MarkenG können alle Zeichen, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, als Marke geschützt werden. In einer nicht-abschließenden Aufzählung werden genannt:

– Personennamen
– Abbildungen
– Buchstaben
– Zahlen
– Klänge
– dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen.

Theoretisch ist den denkbaren Zeichen, die markenrechtlich nach § 3 I MarkenG geschützt werden können, damit so gut wie keine Grenze gesetzt: das Zeichen muss lediglich eine abstrakte Eignung zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen aufweisen.

Zu beachten sind aber die Grenzen, die durch § 3 II Markengesetz gesetzt werden. Dort sind Tatbestände geregelt, in denen ein Markenschutz nicht möglich ist (artbedingte Formgebung, technische bedingte Formgebung und wertverleihende Formgebung).

Wichtig ist auch die Einschränkung, die § 8 I MarkenG formuliert: demnach sind grundsätzlich nach § 3 MarkenG schutzfähige Zeichen von der Eintragung als Marke ausgeschlossen, „die nicht geeignet sind in einer Weise dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des dem Inhaber einer solchen Marke gewährten Schutzes klar und eindeutig bestimmen können“. Dies nimmt zunächst einmal darauf Bezug, dass nach § 4 MarkenG der markenrechtliche Schutz auf drei Weisen entstehen kann: als sogenannte Registermarke durch Eintragung beim DPMA, als Benutzungsmarke durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr und Erlangen von Verkehrsgeltung sowie als Notorietätsmarke durch notorische Bekanntheit im Sinne des Art. 6 bis PVÜ. Die Anforderung des § 8 I MarkenG, dass eine Eignung zur Darstellung, welche den Schutzgegenstand klar und eindeutig bestimmbar macht, vorliegen muss, stellt ein relevantes Schutzhindernis dar. Zugleich stellt diese Formulierung des § 8 I MarkenG bereits eine gewisse Lockerung der Anforderungen dar: die im Zuge der Reform des UrhG von 2016 geänderte alte Fassung des § 8 I UrhG enthielt einen Ausschluss der Eintragung von Zeichen, sich nicht graphisch darstellen lassen. Dies wird durch die Neufassung des § 8 I UrhG nunmehr dadurch aufgelockert, dass auch eine Darstellung in anderer als der graphischen Form grundsätzlich ausreichend sein kann.

Farbmarken: Die Klassiker unter den Exoten

Als Beispiele für Farben, die gemeinhin als „Markenzeichen“ eines Unternehmens wahrgenommen werden, sind eingangs bereits das türkisfarbene „Tiffany Blau“ oder das Magenta der Deutschen Telekom genannt worden.

Solche abstrakte Farbmarken sind im Vergleich zu Wortmarken und Wort-Bild-Marken seltener, zählen unter den ungewöhnlichen Markenformen aber zu den „Klassikern“. Das hat auch damit zu tun, dass ihre Eintragung weitgehend unproblematisch erfolgen kann. Die Wahrung der Anforderungen der Klarheit und eindeutigen Bestimmbarkeit des Schutzgegenstands nach § 8 I MarkenG kann in der Regel durch Vorlage eines Farbmusters zusammen mit einer Beschreibung und ergänzend durch Benennung der Farbe nach einer internationalen Farbtabelle erfolgen.

Formmarken/“3D-Marken“

Formmarken werden zwar ausdrücklich als mögliche Marken in § 3 I MarkenG genannt, sind gleichwohl nur auf den ersten Blick unproblematisch. Die Ausschlusstatbestände in § 3 II MarkenG spielen bei Formmarken nämlich eine besonders relevante Rolle und führen in der Praxis zu erheblichen Abgrenzungsproblemen, da häufig unklar ist, ob eine artbedingten, technisch bedingten oder wertverleihenden Formgebung vorliegt oder nicht.

Dementsprechend liegt zu diesen Kriterien umfangreiche,  differenzierte Rechtsprechung vor, die in jüngerer Zeit namentlich durch die Hauck/Stokke-Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2014 (C 205/13) geprägt worden ist (zum Verhältnis des deutschen und europäischen Markenrechts siehe unten). In Kürze zusammengefasst, stellte der EuGH dort fest, dass hinsichtlich des Schutzausschluss der artbedingter Formgebung – welcher zuvor kaum von Bedeutung war – eine weitere Auslegung zugrunde zu legen sei und ebenso auch der schutzausschließende Tatbestand der wertverleihenden Formgebung weit auszulegen sei. In der Praxis führt dies – was Gegenstand kritischer Stimmen in der Literatur ist – oftmals zu Rechtsunsicherheit, da zur Eintragung einerseits Unterscheidungskraft nach § 8 II Nr. 1 MarkenG benötigt wird, anderseits insbesondere auch vermieden werden muss, dass die einzutragende Form in den nun weit auszulegenden Bereich wertgebender Formgestaltung fallen.

Hörmarken

Problematisch bei der Eintragung von Klängen als Hörmarken ist währenddessen vor allem das Merkmal der Unterscheidungskraft nach § 8 II Nr. 1 MarkenG. Hieran scheiterte jüngst z.B. die Eintragung eines Geräuschs des Öffnens einer Getränkedose als Hörmarke für Getränke (EuG, Urteil v. 7.7.2021 – T-668/19), welchem durch das EuG die notwendige Unterscheidungskraft aberkannt worden ist, da es von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Herkunftsnachweis wahrgenommen werde. Aus demselben Grund ist vom EuG etwa auch die Eintragung einer aus der Wiederholung zweier Noten bestehenden Tonfolge, die wie der Klingelton eines Weckers oder Telefons klingt, abgelehnt worden, da auch sie nicht als Herkunftshinweis aufgefasst werde (EuG, Urteil v. 13.9.2016 – T-408/15).

Unionsmarkenrecht

Angesichts der Angleichung des deutschen Markenrechts an das europäische Unionsrecht sind die rechtlichen Probleme und Wertungen des Unionsmarkenrechts samt der dazu ergangenen Rechtsprechung auf das nationale Markenrecht übertragbar.

Als ein nennenswerter Unterschied ist indes aufzuführen, dass nach Art. 6 UMV ein Schutz als Unionsmarke allein durch Eintragung im Unionsmarkenregister erworben werden kann. Das spielt – jedenfalls theoretisch – insoweit eine Rolle, als dass ein Schutz als Unionsmarke mangels Eintragungsfähigkeit ausscheidet, wenn das Erfordernis der Eignung zur Darstellung, welche den Schutzgegenstand klar und eindeutig bestimmbar macht, nicht erfüllt werden kann. Anders als im deutschen Markenrecht kommt bei fehlender Erfüllung der Darstellungseignung  also – auch nicht in der Theorie – ein Markenschutz auf Umwegen über Verkehrsgeltung und Bekanntheit oder notorischer Bekanntheit in Betracht.

 

Boden Rechtsanwälte stehen Ihnen gerne als erfahrene Berater auf dem Gebiet des Markenrechts zur Verfügung. Nehmen Sie bei Fragen rund um Markeneintragungen, Markenverletzungen, Lizenzverträge und das Markenrecht gerne Kontakt zu uns auf – telefonisch unter +49 211 3026340 oder per Mail an kanzlei@boden-rechtsanwaelte.

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