Abmahnung erhalten?

Das markenrechtliche Problem der Wiederholungsmarken

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Eingetragene Marken unterliegen einer Benutzungsschonfrist von 5 Jahren nach §§ 25 I, 49 I 1 MarkenG bzw. Art. 18 UMV, innerhalb derer eine ernsthafte Benutzung erfolgen muss, um die Markenrechte aufrecht zu erhalten.

Rechtliche Bedenken werfen dabei sogenannte „Wiederholungsmarken“ auf – also die erneute Anmeldung von weitgehend identischen Marken vor oder nach Ablauf der Benutzungsschonfrist, da diese dazu genutzt werden können, die Benutzungsschonfrist künstlich zu verlängern oder gar gänzlich zu umgehen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist dies eine durchaus lockende Vorgehensweise, sichert man sich durch eine Eintragung einer Wiederholungsmarke schließlich kostengünstig und mit geringem Aufwand weiterhin das Privileg der ausschließlichen Rechte an dem Kennzeichen, ohne innerhalb des Fünfjahreszeitraums tatsächlich eine wirtschaftlich aufwändige ernsthafte Benutzung vornehmen zu müssen. Theoretisch ließe sich so die aus der Markeninhaberschaft folgende Exklusivstellung durch fortlaufende Anmeldung von Wiederholungsmarken für unbegrenzten Zeitraum sichern, ohne die Marke – wie gesetzlich eigentlich vorgesehen – zur Rechtserhaltung tatsächlich ernsthaft nutzen zu müssen.

Ein Blick in die Markenregister lässt angesichts der Vielzahl von nahezu identischen Markeneintragungen schnell erahnen, dass Wiederholungsmarken übliche Praxis sind.

Tatsächlich ist die rechtliche Handhabung von Wiederholungsmarken umstritten und bislang noch nicht umfassend geklärt. Das betrifft sowohl die Frage der Rechtsfolge als auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen überhaupt davon ausgegangen werden kann, dass hinter der wiederholten Anmeldung eine missbräuchliche Absicht steht.

 

Rechtsfolgen missbräuchlicher Wiederholungsmarken

Etwas klarer als die Frage ihrer Voraussetzungen, wenngleich auch nicht gänzlich geklärt, ist die Frage der Rechtsfolge einer zur Umgehung der Benutzungsschonfrist eingetragenen Wiederholungsmarke. Einleuchtend dürfte sein, dass diese bei einer gesetzeswidrigen Zielrichtung wohl kaum gleichwertig neben einer üblichen Markenanmeldung stehen dürfte.

Um dies zu erreichen werden verschiedene Lösungsansätze vertreten:

Nach einer Ansicht soll das absolute Schutzhindernis einer bösgläubigen Markenanmeldung nach § 8 II Nr. 14 MarkenG, Art. 59 I b UMV vorliegen. Dem folgen auch die Prüfungsrichtlinien des für Unionsmarkenanmeldungen zuständigen EUIPO:

Bösgläubigkeit wird festgestellt, wenn der UM-Inhaber versucht, die Nachfrist für Nichtbenutzung künstlich zu verlängern, zum Beispiel durch wiederholte Anmeldung einer älteren UM, um die Folgen des Verlusts eines Rechts wegen Nichtbenutzung zu vermeiden.
(Richtlinien für die Verfahren vor dem EUIPO Teil D Löschung, Abschnitt 2 – wesentliche Vorschriften, Ziff. 3.3.2.1).

Im europäischen Unionsmarkenrecht hat dies nach Art. 59 I UMV zur Folge, dass die eingetragene Wiederholungsmarke auf Antrag (oder im streitigen Verfahren auf Widerklage) für nichtig erklärt wird. Rechtsfolge der Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung im deutschen Recht dagegen ist nach § 8 II Nr. 14 MarkenG, dass die Eintragung der Wiederholungsmarke abgelehnt wird und mangels Eintragung schon gar kein (neuerlicher) Markenschutz entsteht.

Nach anderer Ansicht ist einer missbräuchlichen Wiederholungsmarke das Privileg der Schonfrist nach § 25 MarkenG bzw. Art. 18 UMV zu versagen. Folge dessen: mit Ablauf der Schonfrist für die Ersteintragung wäre zugleich auch die Benutzungsschonfrist für die Wiederholungsmarke abgelaufen (bzw. bei Eintragung der Wiederholungsmarke nach Ablauf der Schonfrist für die Ersteintragung: die Schonfrist würde nicht neu zu laufen beginnen). Voraussetzung hierfür für soll bei einer Eintragung der Wiederholungsmarke nach Ablauf der Schonfrist für die Erstmarke sein, dass die Wiederholungsmarke in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ablauf der Schonfrist steht. Wann von einem solchen zeitlichen Zusammenhang ausgegangen werden kann, ist im Detail wiederum umstritten: die in der Literatur vertretenen Ansichten reichen insoweit von einer Sperrfrist von nur wenigen Monaten bis hin zu mehreren Jahren.

 

Voraussetzungen missbräuchlicher Wiederholungsmarken

Unter welchen Voraussetzungen eine missbräuchliche Wiederholungsmarke, die allein der Umgehung der Benutzungsschonfrist dient, anzunehmen ist, vorliegt, ist angesichts des entscheidenden subjektiven Elements, welches sich praktisch nur durch Indizien feststellen lässt, nicht abschließend geklärt.

Vergleichsweise unproblematisch dürften die Fälle sein, in denen eine vollkommen identische Marke mit identischem Zeichen und identischem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis angemeldet wird. Wird jedoch eine ggfs. auch nur in geringem Umfang abweichende Markenanmeldung vorgenommen, die dem Zwecke der Modernisierung der älteren Marke – etwa durch geringfügige Modernisierung des Bildelements – dienen soll, so ist keine Missbräuchlichkeit anzunehmen, vgl. EuG, Urteil vom 13.12.2012, Az. T-136/11 – Pelikan. Das nahm der EuG in der zitierten Entscheidung in dem Fall an, in dem der Schreibwarenhersteller Pelikan eine leicht abgeänderte Wortbildmarke nebst aktualisiertem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis neu anmeldete.

Dies wirft wiederum die naheliegende Folgefrage auf, wie hoch der Identitätsgrad zwischen der Alt- und der Neumarke sein muss, um eine missbräuchliche Wiederholungsmarke annehmen zu können. In der zitierten Entscheidung stellte der EuG zwar fest, dass die neue Wort-Bild-Marke von der alten Wort-Bild-Marke nur so geringfügig abweiche, dass die Abweichungen vom durchschnittlichen Verbraucher nicht wahrgenommen würden. Gleichwohl stünde es im Ermessen des Unternehmens für sich zu bewerten, wann es aufgrund einer Weiterentwicklung des Unternehmenslogos sinnvoll sei, ein modifiziertes Kennzeichen anzumelden. Nimmt man dies als Maßstab, so veranlasst auch ein hoher Identitätsgrad allein nicht zwingend zur Annahme einer Missbräuchlichkeit.

Dementgegen ist in einer Entscheidung des EuG eine wiederholte Anmeldung der Marke „Monopoly“ durch den bekannten Spielehersteller Hasbro als rechtsmissbräuchlich gewertet worden. Tragend hierfür war indes nicht allein der Umstand einer Wiederholungsanmeldung für sich, sondern dass die Klägerin selbst eingeräumt habe, die Wiederholungsanmeldung diene der Umgehung des Erfordernisses der ernsthaften Benutzung. Relevant ist indes auch der Umfang der Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse: für die nicht von der älteren Marke umfassten Waren und Dienstleistungen ist nach dem EuG kein Missbrauch anzunehmen und die Wiederholungsmarke insoweit nicht angreifbar.

In der Zusammenschau beider Urteile wird deutlich, dass letztlich wohl das subjektive Element – also die hinter der Wiederholungsanmeldung stehende Intention (Modernisierung oder bloße Umgehung der Benutzungsschonfrist) – entscheidend bleibt. Deren Nachweis ist für denjenigen, welcher eine Wiederholungsmarke anzugreifen gedenkt, naturgemäß mit Schwierigkeiten verbunden. Nur in den seltensten Fällen wird ein Anmelder wie in der Monopoly-Entscheidung wohl von sich aus bekunden, dass die Umgehung der Benutzungsschonfrist Erwägungsgrund für die Markenanmeldung war. Ohne weitere Umstände, die auf eine gesetzeswidrige Missbrauchsabsicht hindeuten, dürfte das Vorgehen gegen eine Wiederholungsanmeldung daher schwierig bleiben.

 

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